Until Dawn
Zwischen den Episoden landet man beim Psychologen auf der Couch. Der Psychologe analysiert, kommentiert und hinterfragt unsere Spielweise, ein schöner Bruch der Metaebene, der leider nicht konsequent bis zum Ende des Spiels gefolgt wurde. In den ersten paar Sitzungen geht es darum, die eigenen Ängste offenzulegen. Da hat sich Supermassive Games frei bei Silent Hill: Shattered Memories bedient. Hier konnte man auch zu Anfang gewisse Ängste festlegen, die daraufhin verstärkt im Spiel hervorgerufen wurden. Die Zwischensitzungen beim Therapeuten fangen stark an, flachen aber mit jedem Besuch mehr und mehr ab. Was zu Beginn eine echte Erweiterung der Spielweise ist, wirkt zum Ende hin wie ein Lückenfüller. Da war definitiv mehr drin! Schade.
Nicht bewegen
Apropos Spielweise! Die Ursprungsidee, einen Move-Titel zu kreieren, wurde nicht ganz verworfen. Zwar reicht es nicht aus, um endlich mal die PlayStation 4-Kamera aus ihren Karton zu holen, dafür kommt aber die übrige Bewegungssteuerung des PS4-Controllers zum Einsatz. Bevor ihr jetzt Angst bekommt: Until Dawn bietet zwei Steuerungsmöglichkeiten. Eine mit Bewegungssteuerung und eine klassische über die Buttons eures Controllers. Ihr könnt die Steuerung jederzeit wechseln, probiert beide aus und spielt die, mit der ihr sicherer seid, denn das nächste fiese Quicktime Event kann schon an der nächsten Ecke lauern. Zum Glück entscheidet dabei nicht jede Reaktion über Leben und Tod. Nein! In manchen Fällen ist es sogar besser, nicht zu reagieren. Einfach nichts zu tun, ob bewusst oder unbewusst, ist bei Until Dawn häufig eine gute Idee. Was uns auch zum besten Steuerungsfeature führt: Nicht bewegen! Es gibt Momente im Spiel, da bleibt euch das Herz stehen. Ihr dürft nicht einen Muskel bewegen, sonst war es das für euch. Am besten haltet ihr den Atem an. In diesen Momenten kommt der hochempfindliche Bewegungssensor des Controllers zum Einsatz. Rührt ihr euch einen Millimeter, ist eure Spielfigur erledigt.
Abgesehen von Quicktime Events und Entscheidungen, bewegt ihr eure Spielfigur eher schwammig durch die Spielwelt. Die freie Steuerung erinnert uns stark an Heavy Rain, mit fester Kamera steuert man sich ziemlich unpräzise durch die Gegend. Aber das verzeiht man dem Spiel, denn die feste Kamera wird so cineastisch eingesetzt, dass sie maßgeblich zur Stimmung beiträgt. Mal aus der Verfolgerperspektive, mal von oben, mal von vorne… Supermassive Games zieht filmisch alle Register. Ganz allgemein kann man viele Fehler und Schwachstellen bei Until Dawn verzeihen, das Gesamtwerk ist einfach stimmig.
Das große Ganze
Bleiben wir bei der Stimmung. Until Dawn schafft es, dass wir uns permanent verfolgt fühlen. Der Schauplatz ist eine Ferienhütte im Schneegestöber eines Berges. Die Bilder des endlosen, schneebedeckten Waldes erinnern dabei stark an Stanley Kubricks “The Shining”. Während des Spiels bekommt man einen blutigen Cocktail aus SAW, Scream, Halloween, Psycho, Texas Chainsaw Massacre und jedem, wirklich JEDEM schlechten bis mittelmäßigen Teenie-Horrorfilm serviert. Grade in den Dialogen und im Verhalten der acht Spielfiguren steckt ein enormer Trashfaktor, der Until Dawn zeitweise wie eine Persiflage erscheinen lässt. Dazu trägt die schlechte Soundqualität der deutschen Synchronisation ungewollt bei. Zum Glück kann man jederzeit auf die Originaltonspur wechseln und kommt in den Genuss, die Stimmen der von Supermassive Games gut ausgewählten Schauspieler zu hören.
Für einen Horror-Film ist die Musik essentiellster Bestandteil, um Spannung, Grusel, Angst und Schrecken zu verbreiten. Man denkt an die schrillen Geigenklänge in Psycho oder das minimalistische Gedudel aus Halloween. Die Musik von Until Dawn ist das eigentliche Highlight das Spiel. Sie ist so stimmungsvoll, so perfekt, dass man sämtliche Fehler des Spiels vergisst. Die Kompositionen von Jason Graves gehen unter die Haut, das hat er bereits in der Dead Space-Trilogie, F.E.A.R. 3, The Order: 1886 und vielen anderen Titeln bewiesen. Seine Musik trägt uns durch Until Dawn, lässt kritisches Hinterfragen links liegen und sorgt dafür, dass wir uns voll und ganz auf die Stimmung einlassen. Ohne die Musik von Graves wäre das Spiel nur halb so gut.
Hejhej, ich bin Lucas und ich schreibe. Am liebsten über Games und allerliebsten für GamePire. Das mach ich seit 2011. Für mich gibt es nur zwei Genres: gutes Game und schlechtes Game. Jedes Videospiel erzählt eine Geschichte, ob sie nun vorgefertigt ist oder erst durch die Online-Community erzählt werden muss. Ich bin hier, um mir diese Geschichte anzuhören und darüber zu schreiben.