Game of Thrones Episode 4 – Sons of Winter
Für gewöhnlich ist Episode 4 die vorletzte Episode eines Telltale Game. Aufmerksame Game of Thrones-Gucker wissen auch, dass in der vorletzten Folge (bei der TV-Serie ist es immer Folge 9) der Höhepunkt jeder Game of Thrones-Staffel wartet. Aber Telltales Game of Thrones Episode 4 ist dieses Mal die vorvorletzte Folge, denn das Studio liefert uns eine Episode mehr als sonst. Ist “Sons of Winter” damit nur eine weitere Überbrückung zum krönenden Abschluss? Erfahrt es bei uns.
Spoiler-Warnung: Um das Spiel und dieses Review absolut spoilerfrei nutzen zu können, solltet ihr bei Game of Thrones die dritte TV-Staffel bzw. den dritten Band beendet haben. Unser Review zu Episode 3 findet ihr hier.
“My family is counting on me to set things right. Vows aren´t going to stop me” – Gared Tuttle
Während die TV-Serie im Vergleich zu der Buchvorlage ein spannendes Eigenleben entwickelt, klammert man sich bei Telltale noch sehr an bekannte Charaktere und spannt um sie herum die Handlungsfäden. Bis jetzt. Sons of Winter erweckt den Eindruck, dass sich Telltale weitestgehend von der Serie und den Bücher emanzipiert. Bekannte Charaktere aus den genannten Medien treten mehr denn je in den Hintergrund, damit bleibt den spielbaren Charakteren wesentlich mehr Raum zur Entfaltung.
Allen voran steht Lady Mira, die völlig befreit von Cersei Lannister und Margaery Tyrell durch Kings Landing laufen kann. Auf einer Party kann Lady Mira zeigen, was sie von den beiden gelernt hat und wenn ihr euch geschickt anstellt, könnt ihr hier eine Intrige spannen, die die festgefahrene Handlung in Kings Landing Kilometerweit nach vorne katapultiert. Lady Mira scheint aus ihren Fehlern der ersten Episoden gelernt zu haben und lässt ihre Opferrolle hinter sich. Wieder einmal zeigt sich Telltales größte Stärke, die Dialoge, in Kings Landing auf eindrucksvolle Art – und dazu erstmalig mit einem erfreulichen Ausgang für uns.
Ohnehin wurden in dieser Episode Action-Szenen mitsamt Quicktime-Events auf ein angenehmes Minimum reduziert, stattdessen könnt ihr euch etwas freier bewegen, mit Personen eurer Wahl sprechen und in angedeuteter Adventuremanier Gegenstände untersuchen. Ganz ohne Blutvergießen geht es natürlich nicht, aber dafür haben wir ja Asher, der sich weiterhin eindimensional seines Weges mordet. Trotzdem würde ich Asher vermissen, wenn er nicht mehr da wäre, denn während alle anderen Charaktere von Episode zu Episode einstecken müssen, hat man mit Asher wenigstens einen Charakter, der auch mal kräftig austeilt. Überraschenderweise enthüllt seine Partnerin Beshka in dieser Episode eine ungeahnte Tiefe und fügt sich somit vortrefflich in den weiteren Handlungsverlauf ein.
Zumindest was Gards Story angeht, ist Episode 4 zweifelsohne eine weitere Brücke zum Höhepunkt. Mittlerweile befindet sich Gared mit seinen Freunden hinter der Mauer und ist auf dem direkten Weg nach North Grove. Wir können also einiges von Episode 5 erwarten…
Die Sache mit “Valar morghulis”
Ganz ohne Kritik kommt aber auch die vierte Episode nicht davon. Das teilweise seichte Dahinplätschern der Handlung habe ich schon oft genug kritisiert, das scheint genauso ein fester Bestandteil des Spiels zu sein wie die immer wieder auftretenden Grafik-Bugs. Bei Action-Szenen stockt das Spiel immer wieder, Texturen und ganze Personen verschwinden zwischendurch, das Problem bekommt Telltale Games nach wie vor nicht in den Griff, aber Episode 4 hat sich ein größeres Ding gerissen!
“Sons of Winter” ist inkonsequent was die Handlungsfreiheit für uns als Spieler angeht. Das gab es bislang bei keinem Telltale-Titel. Sicher gibt es kritische Stimmen, die allen Spielen von Telltale nachsagen, sie würden nur eine Illusion von Entscheidungsfreiheit vermitteln, an einigen Stellen geben wir den Kritikern auch völlig recht, nichtsdestotrotz ist es eine verdammt gut inszenierte Illusion. In dieser Episode wurden wir jedoch komplett um unsere illusionierte Freiheit gebracht. In der entscheidenden Szene mit Rodrik, die im übrigen sehr an die Red Wedding erinnert, kann eine Entscheidung von uns zum Game Over führen.
“Valar morghulis” wird daraufhin eingeblendet und die Szene startet erneut. Für mich ist das nicht nur für Telltale Games inkonsequent, sondern auch für eine Game of Thrones-Adaption. “Valar morghulis” heißt “jeder Mann muss sterben” und danach lebt Game of Thrones und die Telltale-Spiele auch. Man denke nur an Telltales The Walking Dead-Reihe. Wenn mir Telltale Games eine Entscheidung, die über Leben und Tod bestimmt, zur Verfügung stellt, dann will ich diese auch frei wählen dürfen. Mir diese Möglichkeit zu geben, sie aber nicht durchgehen zu lassen, ist in unseren Augen absolut inkonsequent. Bei einem Quicktime-Event zu sterben, Game Over zu gehen und die Stelle nochmal spielen zu müssen, ist das eine. Einem aber in einer Verhandlung eine Option anzubieten, die letztlich nicht durchführbar ist, ist ein Bruch der Telltale-Philosophie.
Hejhej, ich bin Lucas und ich schreibe. Am liebsten über Games und allerliebsten für GamePire. Das mach ich seit 2011. Für mich gibt es nur zwei Genres: gutes Game und schlechtes Game. Jedes Videospiel erzählt eine Geschichte, ob sie nun vorgefertigt ist oder erst durch die Online-Community erzählt werden muss. Ich bin hier, um mir diese Geschichte anzuhören und darüber zu schreiben.