Game of Thrones Episode 1 – Iron from Ice
Was aber die Bücher und damit auch die Fernsehserie ausmacht, ist die detaillierte Charakterzeichnung. Es gibt nicht das vor allem für Fantasy typische Schwarz und Weiß. Jeder Protagonist bewegt sich in einer Grauzone, Martin schafft eine Welt, in der es ausgeschlossen ist, absolut gut zu sein. Der zweite Stilbruch des Autors ist der gnadenlose Umgang mit seinen eigens erschaffenen Figuren. Jeder Charakter, egal wie bedeutend er für die Geschichte oder wie beliebt er bei den Lesern ist, kann sterben. Der Tod der Figur muss dabei noch nicht einmal die Handlung vorantreiben oder in irgend einer Form spektakulär sein. George R. R. Martins Welt ist unberechenbar und wahnsinnig komplex. Damit liefert er das perfekte Futter für die Entwickler von Telltale Games, die ihre ganz eigene Geschichte perfekt in seine Welt einflechten.
In dieser komplexen Welt greift Telltale Games die Geschichte des Hauses Forresters, ein Adelshaus mit dem Sitz Ironrath im Norden Westeros, auf. In der TV-Serie findet das Haus keine Erwähnung und selbst in den Büchern, wird Forrester lediglich im fünften Band „A Dance with Dragons“ erwähnt. Telltale Games wählt bewusst einen Nebenschauplatz, weil sie dadurch genug Freiraum haben, ihre eigene Erzählkunst zu entfalten.
Das Haus Forrester
Der Spieler schlüpft abwechselnd in verschiedene Rollen rund um das Haus Forrester. Unter anderem in den jungen Ethan Forrester, der unverhofft die Lordschaft über das Adelshaus übernehmen muss. In die Rolle seines großen Bruders Asher Forrester, der sich im Exil in Essos befindet, seiner Schwester Mira Forrester, die sich in Kingslanding aufhält, sowie Gared Tuttle, der zuvor Knappe von Lord Gregor Forrester war und dann zur Mauer geschickt wird. Die Handlung geht also weit über die der TV-Serie und der Bücher hinaus, wird aber geschickt in bekannte Schauplätze und Figuren eingeflochten. Fans der Reihe sind hier absolut im Vorteil, denn im Laufe des Spiels trifft man auf unzählige bekannte Charaktere. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes lebensgefährlich, mit Ramsay Snow einen Dialog zu führen, ohne zu wissen, wen man da vor sich hat. Und da sind wir auch schon mittendrin in der Materie.
Noch mehr Film, weniger Spiel
Das Videospiel Game of Thrones (GoT) zerrt an euren Nerven. Nicht nur, weil es wesentlich mehr Actionszenen gibt als in den vorherigen Spielen von Telltale, sondern weil ihr eure Kämpfe hauptsächlich verbal ausführt. Hatte The Walking Dead noch den Anspruch, einige Point ‘n’ Click-Passagen einfließen zu lassen, ist GoT ausschließlich eine interaktive Serie. Spielerisch heißt das für euch, dass ihr euch allerhöchstens mal in einem Innenhof frei hin und her bewegen dürft und euch so aussucht, in welcher Reihenfolge ihr mit den Personen sprecht – oder es eben lasst. Die Grenze zwischen Spiel und Fernsehserie wurde von Telltale Games noch ein Stück weiter aufgehebelt. Im Mittelpunkt stehen die Dialoge, hier wird der komplette weitere Verlauf des Spiels entschieden. Unter Zeitdruck müsst ihr versuchen, euren rhetorisch versierten Gegnern das Wasser zu reichen. Die Reaktionskämpfe, meist aus einfachen Quick-Time-Events, wirken im Gegensatz zu den Wortgefechten wie Ruhepausen.
Trotzdem wirkt die erste Episode auf uns etwas ernüchternd. Gerade als großer Fan der Serie und der Bücher fiel es mir schwer, die Verbindung aufzubauen. Die Handlung des Spiels beginnt genau am Abend der Red Wedding, eine Nacht mit Folgen für den gesamten Norden Westeros. Die Familie Forrester war stets ein Verbündeter der Starks, was spätestens nach der Red Wedding kein Vorteil mehr verspricht. Die erste Episode hatte dabei wirklich nur den Zweck, uns die verschiedenen Charaktere vorzustellen. Es gab einige Höhepunkte, besonders in Kingslanding, wo jedes Wort über Erfolg oder Tod entscheidet entfaltet das Spiel seine wahre starke, außerdem bekamen wir eine grobe Vorstellung davon, wohin uns die weiteren Episoden führen werden. Im Großen und Ganzen aber wurde unsere verdammt hohe Erwartungshaltung durch Episode 1 nicht erfüllt. Knapp, aber leider doch vorbei.
Hejhej, ich bin Lucas und ich schreibe. Am liebsten über Games und allerliebsten für GamePire. Das mach ich seit 2011. Für mich gibt es nur zwei Genres: gutes Game und schlechtes Game. Jedes Videospiel erzählt eine Geschichte, ob sie nun vorgefertigt ist oder erst durch die Online-Community erzählt werden muss. Ich bin hier, um mir diese Geschichte anzuhören und darüber zu schreiben.